OGV Geschichte

»Schmähingen, den 13. Februar 1910, heute nachmittags 3 Uhr fand in der hiesigen Gastwirtschaft eine Obstbau-Versammlung statt, bei welcher sogleich ein Obstbau-
Verein gegründet wurde. Dem Verein sind 23 Mitglieder beigetreten und werden die Namen derselben wie folgt aufgeführt …«


Mit diesen Worten wird das Protokollbuch des Obstbauvereins Schmähingen eingeleitet. 1. Vorstand wurde Johann Deixler, zu seinem Stellvertreter wählte man Kaspar Deizer.
Allerdings kam der Schmähinger Obstbauverein ganz offensichtlich nicht so recht in Schwung. Es ging damals um die Weiterführung des Vereins, wie das Protokollbuch ausdrücklich festhielt. Herr Bezirksvorstand, Hauptlehrer Kornmann aus Appetshofen,
hielt eine Grundsatzrede zum Nutzen und Wert der Obstbauvereine. Die Rede hatte ganz offensichtlich Erfolg: nur wenige Wochen nach dieser Vereinssitzung brach der 1. Weltkrieg aus.

Von einem geregelten Vereinsleben konnte schon bald keine Rede mehr sein. Folgerichtig datiert der nächste Eintrag im Protokollbuch des Schmähinger Obstbauvereins erst wieder vom 19. Januar 1923 und betraf die »Wiedergründung« des Obstbauvereins. Der Verein hatte ganz offensichtlich die Jahre des 1. Weltkriegs 1914 bis 1918 nicht überdauert.
Als 1923 der bereits genannte Eintrag im Protokollbuch erfolgte, war die sog. Weimarer Republik bereits vier Jahre alt. Im Protokollbuch ist damals lediglich von dem »ehemals bestehenden Obstbauverein« die Rede. Um den Verein wieder zum Leben zu erwecken,
musste man also Neuwahlen durchführen. Zu der am 19. Januar 1923 in das Gasthaus Wurm einberufenen Versammlung kam »eine ziemliche Anzahl von Obstbauinteressenten«, wie der Protokollführer so schön formulierte. Zum 1. Vorsitzenden wurde damals einstimmig Jakob Beck gewählt. Erfreulich war auch, dass bald nach der Versammlung acht Mitglieder nachträglich beigetreten sind.

Nun aber ging es aufwärts mit dem Verein. In den folgenden Jahren bemühte man sich, jeweils eine Frühjahrs- und eine Herbstversammlung abzuhalten. Und deutlich wird auch das Bemühen des Vorstandes, zu diesen Versammlungen immer wieder Referenten zu
Vorträgen nach Schmähingen zu holen oder Sammelbestellungen von Bäumen und Sträuchern zu organisieren.

Eine Neuerung besonderer Art beschäftigte die Frühjahrsversammlung im Februar 1931. Hauptlehrer Hederer aus Hürnheim hielt ein Referat zum Thema »Eindosungsapparat«. Diese Revolution im Haushalt war den Schmähingern damals noch suspekt. In der Versammlung am 1. März 1933 war man in der Frage »Eindosungsapparat« ein gutes Stück weiter. »Die Vorstandschaft beschloß – gewitzigt durch frühere ablehnende Abstimmungen – ohne eine solche die Eindosungsmaschine und entsprechend viele Dosen auf eigenes
Risiko zu bestellen.«

So kam es, dass auch in Schmähingen der hauswirtschaftlich- technische Fortschritt bei aller anfänglichenSkepsis, ja Ablehnung, doch noch Einzug halten konnte.

Die Jahre 1933 bis 1945 sollten unter dem Namen »Drittes Reich« zum dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte werden. Bekanntlich wurden ja im Zuge der nationalsozialistischen Gleichmacherei auch die Vereine »gleichgeschaltet«. 1939, also im Jahr des Ausbruchs des 2. Weltkrieges, enden jedoch die Einträge. Die Einträge setzen erst wieder ein im Jahre
1948.

Am 11. Februar 1948 fand demnach die erste Nachkriegsversammlung des Vereins stattund tags darauf lud man schon zu einem Vortrag mit Bezirksgärtner Bösel in die Hubelsche Gastwirtschaft ein. Vorstand war immer noch Kaspar Deizer. Die 1950er Jahre verliefen ohne gravierende Vorkommnisse. In der Regel wurde beim Obstbauverein eine Versammlung pro Jahr abgehalten.

1960 dann das große Jubiläum: Der Verein, der sich nun »Obst- und Gartenbauverein« nannte, konnte auf 50 Jahre seines Bestehens zurückblicken. Das Jubiläum wurde am 29. Mai ab 16 Uhr im blumengeschmückten oberen Saal der Gastwirtschaft gebührend gefeiert.

Die Protokolleinträge der 1960er und 1970er Jahre sehen auf den ersten Blick sehr gleichförmig aus. Dennoch wird eines ganz deutlich: Die Themen »Dorfverschönerung« und »Blumenschmuckwettbewerbe « standen verstärkt auf dem Programm der Jahresversammlungen. In den 1980er Jahren war Kreisfachberater Diethei aus Reimlingen immer wieder gern gesehener Gast in der Nachbargemeinde Schmähingen. 1985 war es dann wieder so weit: Der »Verein für Gartenbau und Landschaftspflege Schmähingen« – so hieß jetzt seit 1981 der frühere Obstbauverein – konnte das 75-jährige Jubiläum begehen. Der 1. Vorsitzende Andreas Hubel begrüßte in der Jahresversammlung am 12. März 1985 Oberbürgermeister Paul Kling, außerdem Stadtgärtner i.R. Herrn Hager, Ortssprecher Johann Wiedemann sowie Pfarrer Peter Leeder.

Schmähingen aber hatte noch einen weiteren Grund zum Feiern, hatte das Dorf doch erfolgreich am Wettbewerb »Die baumfreundliche Gemeinde« des Bayerischen Landesverbandes für Gartenbau und Landschaftspflege teilgenommen und den 3. Platz belegt.

1986 Ehrenvorsitzender Georg Benninger, Mühlbachstraße 10, wird vom Vorsitzenden des Kreisverbandes, Helmut Guckert, mit der Ehrennadel in Gold ausgezeichnet. Die Vereinsaktivitäten nahmen deutlich zu, man organisierte Ausflüge, lud Referenten zu Diavorträgen ein, informierte sich über Landschaftsschutz und Fragen des Naturschutzes.
In Schmähingen plante man, sozusagen als Nachklang zum 75-jährigen Jubiläum im Jahre 1985, am 13. September 1986 einen Blumenball zu veranstalten.

Im Folgenden blicken wir nun in die 1990er Jahre. Die Beteiligung an der Donau-Ries-Ausstellung war damals schon ein fester Programmpunkt in der Vereinsaktivität, ebenso wurde die Teilnahme am Historischen Stadtmauerfest in Nördlingen beschlossen. Bleiben wir noch in den 1990er Jahren. In der Jahresversammlung am 2. Februar 1995 stellte der langjährige Schriftführer Friedrich Wüst fest, dass der Obst- und Gartenbauverein einer der ältesten Schmähinger Vereine ist und dass zwischen 1954 und 1984 ein und dieselbe Vorstandschaft aktiv gewesen war.
Bei der Schmähinger Festwoche vom 24. bis 28. Mai des Jahres 1995 anlässlich des Jubiläums von drei örtlichen Vereinen übernahm der Obst- und Gartenbauverein die folgenden Aufgaben: Schmücken der vier Ortseingänge sowie der Bühne im Festzelt, aber auch der Ehrentribüne. Die Anfertigung eines »Schnakenmodells« zur Erinnerung an den legendären »Brand« der Kirche stand ebenso auf dem Programm wie ein Festwagen mit Ziegengespann und ein Wagen mit Kindergartenkindern und schließlich eine Erntekrone.

1997 wurde erstmals am 22. Juni dieses Jahres ein Ernte-Bittgottesdienst durchgeführt. In der Jahresversammlung am 26. Januar 2001 konnte festgestellt werden, dass derzeit die »Alte Schule« von der Stadt Nördlingen mit der Eigenleistung vieler Vereine umgebaut wurde. Der Obst- und Gartenbauverein erhielt dann zusammen mit dem Krieger- und Soldatenverein einen Raum im 1. Stock des Gebäudes, um hier in einem Schrank die Vereinsutensilien unterbringen zu können.

Das neue Jahrtausend begann so wie das alte aufgehört hatte: mit zahlreichen Aktivitäten, Ausflügen, Vorträgen, Fortbildungen und Teilnahmen an verschiedenen Festen. Der Mitgliederstand war nun auf 50 angestiegen. Der Verein war also gerüstet für das nächste Großereignis: das Dorffest »850 Jahre Schmähingen« vom 29. Mai bis 1. Juni 2003, natürlich unter Beteiligung des Obst- und Gartenbauvereins.

Im gleichen Jahr folgten Neuwahlen! Andreas Hubel wollte nun nach 26 Jahren Mitgliedschaft und 21 Jahren als 1. Vorsitzender zurücktreten. Das Ergebnis der Neuwahlen: 1. Vorsitzender: Gerhard Oswald, 2. Vorsitzende Michaela Schröppel. Für den ausscheidenden 1. Vorsitzenden Andreas Hubel gab es an diesem Abend aber noch eine zusätzliche Überraschung. Völlig unvermutet erschien der Kreisverbandvorsitzende Helmut Guckert und überreichte ihm die Ehrennadel in Silber. Der neue 1. Vorsitzende Gerhard Oswald konnte einen intakten Verein übernehmen mit einer ansehnlichen Mitgliederzahl,
einer soliden finanziellen Basis sowie vielfältigen Aktivitäten. Neu hinzugekommen waren die Sonnwendfeier, ein Erlebnisferientag und die Waldweihnacht. Wir haben nun versucht, die Geschichte des Schmähinger Obstbauvereins in groben Zügen nachzuzeichnen. Vielleicht ist deutlich geworden, dass die Vereinsgeschichte auf interessante Weise die
allgemeine Geschichte widerspiegelt immer im Zusammenhang mit den allgemeinen Entwicklungen steht.


Festvortrag von Dr. Wilfried Sponsel
anlässlich des 100jährigen Bestehens im
Jahre 2010 im Schmähinger Lagerhaus,
bearbeitet von Werner Deixler

(aus der Festschrift 2020 – „Schähingen feiert kein Fest“)