Marienkirche

Die Geschichte der Kirche in Schmähingen

Die erste urkundliche Erwähnung Schmähingens findet sich im Fuldaer Traditionskodex, in dem die Schenkungen an das Kloster des heiligen Bonifatius zusammengestellt sind. Eine weitere Urkunde aus dem Jahr 1153 bezeugt, daß Schmähingen Sitz eines Pfarrers gewesen ist. 1236 wird der Ort als Sitz der Herren von Schmähingen genannt, die zu den Hürnheimern im Lehens­ verhältnis standen. Es ist nicht bekannt, was aus dem Geschlecht »derer von Schmähingen« geworden ist. Im 14. Jahrhundert fiel das Lehen an die Hürnheimer zurück. Mit dem späteren Verkauf von Hochhaus und Niederhaus kam Schmähingen an die Grafen von Oettingen, durch weiteren Verkauf von Niederhaus 1709 zur Hälfte an den Deutschen Orden und schließlich 1806 an Bayern.

Die Einführung der Reformation konnte erst 1557 erfolgen, da die Herren von Hürnheim-Haheltingen erbitterten Widerstand leisteten. Der evangelische Graf Ludwig XY. von Oettingen mußte schließlich die versperrte Kirchentür aufbrechen lassen, da der Hürnheimer Vogt von Niederhaus den Schlüssel nicht freiwillig herausgeben wollte.

Schwere Stürme erlebte das Dorf im Dreißigjährigen Krieg. So berichtet der Hohenaltheimer Pfarrer Matthias Pauli als Zeitzeuge im Schmähinger Pfarrbuch: »Das Dorf Schmähingen ist 1634 in der Belagerung der Stadt Närdlingen von den Spanischen weit über den halben Teil zu ihrem Lager abgetragen und dann verbrannt worden, darauf in der großen Theurung mehrenteils verdorben und gestorben. Hab also anno 1636 derselben wenig mehr gefunden, sonder­ lich unter den jungen Leuten«. Auch das Pfarrhaus wurde eingeäschert. Das Dorf hatte fast aufgehört zu bestehen.

Erst hundert Jahre später, Mitte des 18. Jahrhunderts, konnte die Kirche wieder zu einem Schmuckstück ausgestaltet werden, so wie sie sich heute dem Besucher in ihrer barocken Ausstattung zeigt.

Die bedeutendste Persönlichkeit, die Schmähingen hervorgebracht hat, ist Reichsrat Dr. Adolf Ritter von Stählin. Am 27. Oktober 1823 als Sohn des damaligen Pfarrers Martin Stählin geboren, wurde er am 27 . Januar 1883 zum Präsidenten des Königlich Protestantischen Oberkonsistoriums in München ernannt und hatte damit die höchste Position unserer Bayerischen Landeskirche inne. Die Stählinstraße, die mitten durch das Dorf führt, erinnert bis heute an ihn.

Architektur und Ausgestaltung der Marienkirche

Über die Erbauung der Kirche, die wohl im 11. Jahrhundert anzu­ setzen ist, kann nicht viel berichtet werden, da bei den drei Pfarrhausbränden 1634, 1683 und 1695 die Unterlagen vernichtet wurden. Ursprünglich romanisch angelegt, wurde sie später (vielleicht nach einem Brand) gotisch umgestaltet. Als Schutzpatronin ist wohl Maria anzunehmen.

Nach einem Nördlinger Ratsprotokoll von 1436 hat der Nördlinger Steinmetz Hannemann in den Jahren 1436-1438 Turm und Chor errichtet. Durch den Zimmermann Adam Muffert erhielt der Chor 1749 eine Orgelempore, in deren Trägerbalken das Wort aus dem 47. Psalm eingekerbt ist: »Gottjähret aufmit Jauchzen und der Herr mit heller Posaune«. Im selben Jahr wurde hier die erste Orgel ein­ gebaut. Apostelbilder auf der Emporenbrüstung und ein barockes Sandsteinepitaph schmücken den gotischen Chorraum, der mit dem Altar und dem Taufstein wohl die ältesten Stücke der Kirche birgt.

Bei der 1921 durchgeführten Innenrestaurierung wurden von dem Münchner Maler August Prieser zwei große Deckengemälde geschaffen, die den Kreuzestod und die Auferstehung des Herrn verkündigen. Im Jahr 1951 wurden kleine Veränderungen vorgenommen, wodurch Chorraum und Langhaus viel gewonnen haben: Ein wertvoller Kruzifixus aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, der bisher unbeachtet an der seitlichen Chorwand hing, hat nach Freilegung der alten Fassung nunmehr seinen Platz auf dem alten Steinaltar gefunden. Drei holz geschnitzte Heiligenfiguren, Maria, Ursula und Cordula, aus der Zeit um 1460, die auf der Westempore aufgestellt waren und kaum gesehen wurden, fallen jetzt, an der Nordwand des Schiffes angebracht, dem Besucher der Kirche sofort ins Auge. Ihnen gegenüber hängen zwei lebensgroße Ölbilder von Paulus und Luther.

Im Zuge des Einbaus einer neuen zweimanualigen Orgel im historischen Gehäuse wurde 1968 der Chor restauriert. Dabei stieß man bei der Untersuchung des gesamten Gewölbes auf großflächige Malereien aus der Bauzeit des Turmes, die über Jahrhunderte hin übertüncht waren. Nach ihrer Freilegung und Konservierung erstrahlen sie wieder in den ursprünglichen Farben. Sie zeigen die vier Evangelistensymbole: Engel, Löwe, Stier und Adler. Auch an den Seitenwänden mit den Schildbögen zwischen den Gewölben sind Bilder aus der biblischen Geschichte zum Vorschein gekommen. Letztere konnten erst sieben Jahre später bei der Innenrenovierung des Kirchenschiffes restauriert werden. Die Regierung von Schwaben stellte anläßlich des Denkmalschutzjahres 1975 der Kirchengemeinde für diese gelungene Instandsetzungsarbeit eine Urkunde aus.

Ein besonderes Augen- und »Ohren«-merk verdient die Schmähinger Orgel! Allein schon der Standort im Chorraum über dem Altar verleiht ihr besonderes Gewicht. Als vor rund 250 Jahren der Chorraum in festlich barocker Weise ausgestaltet wurde, war den Erbauern eine einmalige Komposition zum Lobe Gottes gelungen. Für den Gottesdienstbesucher vereinen sich alle Elemente der Verkündigung vor seinen Augen zu einem harmonischen Ganzen: Taufstein, Altar, Kanzel und Orgel liegen im Blickfeld des Betrachters.

Der Bedeutung dieses Kunstschatzes für die Schmähinger Gemeinde ist es zu verdanken, daß das originale Orgelgehäuse trotz vieler Umbauten am Orgelwerk selbst bis heute erhalten blieb. Als 1968 das »Innenleben« der Orgel erneuert werden mußte, fand man wieder zu den Ursprüngen der Orgelbaukunst zurück und ersetzte das störan­ fällige pneumatische Werk durch eine mechanische Schleifladenorgel mit 13 Registern. Damit begann in Schmähingen die Reihe der nun schon zur Tradition gewordenen Kirchenkonzerte, bei denen auch der 1925 gegründete Posaunenchor regelmäßig mitwirkt. 1986 wurde die Orgel um 5 Register erweitert. Seither lassen sich auch große Werke namhafter Komponisten – selbst Romantiker und Zeitgenossen – angemessen interpretieren. Bis zum Jubiläumsjahr 1999 soll die zweite Stufe der Erweiterung durchgeführt sein, die dann die letzten klanglichen Defizite, vor allem im Pedal, ausgleicht.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Friedhof neu angelegt. Die ein­ heitliche Gestaltung der Grabkreuze verleiht der Anlage, die von 1990-1993 saniert und nach Norden erweitert wurde, ein geschlos­ senes Bild. Auch eine Aussegnungshalle, die sich stilistisch an klas­ sische Formen der Baukunst anlehnt, konnte durch viel Eigeninitiative der Schmähinger Bürger 1992 errichtet werden. Nach Süden abgestützt wird der Friedhof von der gewaltigen Umfassungsmauer aus dem 18. Jahrhundert, die die Kirche wie eine Burg erscheinen läßt.